Rezension von Annette Schlemm:

Larry Niven: Rainbow Mars

Bastei-Lübbe 2000

 

"Hätten wir doch nur eine Zeitmaschine!" – diesen Wunsch erfüllt sich Larry Niven in seinem neuen Buch. Die Welt der Möglichkeiten gegenüber dem faktisch Gegebenen kann in der Science Fiction in der räumlichen Dimension erkundet werden. Dies geschah mit den ersten Utopien, bei denen denkbare andere mögliche Welten an andere Orte versetzt wurden.

Diesem traditionellen Muster folgt die raumfahrtorientierte Science Fiction. Aber auch die zeitliche Dimension wurde spätestens mit der Erfindung der Zeitmaschinen für die Untersuchung des Möglichen geöffnet. Larry Nivens Zeitmaschine hat jedoch einen kleinen Fehler, der eine weitere Dimension öffnet: sie verrutscht manchmal in andere mögliche Universen, die weder räumlich noch zeitlich in unserem eigenen Universum angesiedelt sind.
 

Der Zeit- und Möglichkeitsreisende Svetz soll eigentlich nur ausgestorbene fantastische Tiere in der Vergangenheit fangen – auf Bestellung eines recht kindsköpfigen Herrschers. Durch den Fehler seines Geräts gelangte dabei auch auf eine Erde, in der wolfsähnliche Wesen Intelligenz errangen, er erlebte die Relativität des Möglichen.

Jetzt aber bekommt er einen ungewöhnlichen Auftrag: Er soll die Samen eines Baumes holen, der auf dem früheren Mars entdeckt wurde. Ein riesiger Baum, ein faszinierender Baum. Er wächst in den Himmel, besser - er wächst im Himmel und verankert nur seine Wurzeln im Planeten. So etwas könnte als Orbitalturm genutzt werden. Also her damit!

Der Mars erweist sich als rätselhaft. Es zeigt sich, dass es tatsächlich eine gewaltige Zivilisation auf dem Mars gab. Warum gibt es sie in der Gegenwart von Svetz nicht mehr? Welche Katastrophe ist passiert?

Während Svetz schließlich nicht nur den Samen, sondern den ganzen Baum in Richtung der für ihn gegenwärtigen Erde bugsiert, lernt er, dass genau diese Art Baum für die Katastrophe auf dem Mars verantwortlich ist. Und der Baum ist gewaltig, eine Lebensform des Universums, die zur größten Gefahr für das Weiterbestehen der menschlichen Zivilisation werden könnte...

Aber die Gefahr kommt nicht nur von außen. Sie ist wohl für Niven eher eine Metapher für die drohende Doppelköpfigkeit aller menschlicher Handlungen – (scheinbarer) Fortschritt und Gefahr liegen eng nebeneinander. Ein anderer Zeitreisender macht dies Svetz eindringlich klar: die realistischere Gefahr liegt in den Handlungen der Menschen auf der Erde selbst. Svetz kann den "ewigen" Zeitreisenden nicht retten. "Du brauchst doch nur noch auszusteigen! Du bist zu Hause!" – "Aber es ist nicht real. Ich bin darauf angewiesen, dass du es real machst." (S. 464)

Das Buch von Niven ist gut, verwirrende Handlungsstränge, spannende Geschehnisse, interessante Menschen. Auch das Bücherlesen reicht nicht, wenn man sich um die Zukunft sorgt... Wir müssen eine lebenswerte Zukunft real machen.

Gelesen:

  • "Ich kenne mich im Industriezeitalter gut aus", stellte Ra Chen fest. "Ich war dort. Hunderte von Millionen Menschen mit Tausenden irrsinnig verschiedener Lebensstile, allesamt seit elfhundert Jahren tot.... "
  • "Aber die Leute hatten das Geld! Ra Chen, hätte man damals schon über atomgetriebene Raketen verfügt, dann hätten sie ein Sonnenkraftwerk in einer Umlaufbahn errichten können, für die gleichen Mittel, die sie in Kosmetika investierten! Nach zehn Jahren Arbeit und für nicht mehr Geld, als sie in Parfüm und Lippenschmiere und Haarfestiger gesteckt haben, hätten sie letztlich kostenlose Energie aus dem Himmel gehabt, und eine ganze Flotte von Raumschiffen wäre vom Projekt übrig geblieben..." (S. 30/29)

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